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Storytelling: Fünf Fragen für Fröhlich
In unserer Blogpostreihe mit Isabella Fröhlich, Chief Storyteller bei Berkeley Kommunikation, befragen wir sie regelmäßig über alles, was gutes Storytelling ausmacht: von kreativen Prozessen und narrativen Strategien bis hin zum Einfluss neuer Technologien wie KI. Isabella teilt dabei Einblicke aus ihrer täglichen Arbeit, Gedanken zu aktuellen Entwicklungen und ihre persönliche Haltung zu Themen, die Geschichten lebendig machen. Lesenswert für alle, die verstehen wollen, warum gutes Storytelling heute wichtiger ist denn je.
Wie nutzt du selbst generative Tools in deiner täglichen Arbeit – und wo lässt du lieber die Finger davon?
Ich nutze KI wie ein manchmal etwas überambitioniertes, wenig erfahrenes Teammitglied: schnell und hilfsbereit – aber eben nicht immer mit der nötigen Kontexttiefe. Der Vorteil: die KI ist ad hoc umgehend einsatzbereit. Für Recherchen, erste Sprachentwürfe oder Strukturierung von Ideen ist das Gold wert. Ich greife beispielsweise auf KI-Unterstützung zu, wenn ich an Pitch-Präsentationen oder meinen Storytelling Workshops arbeite. Hier freue ich mich über eine schnelle Zusammenfassung von Texten, und vor auch über die Strukturierung und Bebilderung einzelner Slides.
In ChatGPT habe ich meine eigene Werkstatt und schraube an meinem eigenen Storytelling GPT herum – das ist ein kontinuierlicher Prozess, der wohl nie abgeschlossen sein wird. Da das in einem abgeschlossenen Bereich läuft, kann ich hier viel intensiver in den Austausch gehen und mir Gedankenanstöße liefern lassen. Für Ideenfindung und als Sparringspartner ist das super. Wovon ich „die Finger lassen“ werde, ist, mir ein Narrativ vorformulieren zu lassen. Da kommt die KI einfach an ihre Grenzen und es ist zu viel generisches und austauschbares Blabla. Denn wenn es um Zwischentöne geht, um echtes Framing oder um die strategische Dramaturgie einer Geschichte – da schreibe ich lieber (und besser) selbst. Denn gute Storys brauchen (Bauch-)Gefühl, nicht nur Datenauswertungs- und Wahrscheinlichkeitsmodelle.
Was sind für dich die wichtigsten Unterschiede zwischen von Menschen und Maschinen geschriebenen Geschichten?
Maschinelle Texte können informativ, effizient und sogar unterhaltsam sein. Aber sie sind selten mutig. Wir Menschen haben nach wie vor das bessere Gespür für die Feinheiten unserer Sprache, für leisen Humor, ein Augenzwinkern, Leichtigkeit, aber auch für Ernsthaftigkeit, ohne zu dramatisch zu werden. Auch, wenn das Grundgerüst von guten Geschichten immer gleich ist und einer bestimmten Formel folgt, können Menschen ausgereiftere Storys entwickeln. Echte Geschichten, die uns verändern, berühren oder überzeugen, werden aus menschlicher Erfahrung, aus Widersprüchen, aus Haltung gespeist. Eine KI kann zusammenfassen, was passiert ist. Sie weiß nicht, was das Geschehene wirklich bedeutet. Frank Schätzing hat das bei Ina Müller kürzlich so schön gesagt: „Die KI will nichts“, sie hat also keine Ambitionen, keine Sehnsüchte. Das aber macht eine gute Geschichte aus – egal, ob in Büchern, Kino, oder eben Unternehmen.
Wie gehen wir bei Berkeley mit der Balance zwischen Effizienz durch KI und der Seele einer guten Geschichte um?
Wir sagen: KI darf assistieren, aber nicht führen. Bei Berkeley nutzen wir KI, um schneller auf den Punkt zu kommen – nicht um den Punkt zu verfehlen (oder zu finden).
Nicht nur ich arbeite gerade an einem eigenen „IsabellaGPT“, über die ganze Agentur hinweg probieren wir uns aus, nutzen, wo DSGVO-konform, das Teammitglied KI für verschiedene Aufgaben und werden dadurch in einigen Bereichen schneller, vielleicht auch effizienter. Sobald es aber um die „Seele“ einer Geschichte geht – und da ist es egal, ob es sich um eine Pressemitteilung, einen Fachartikel, eine Website oder ein Interview dreht – kommt die KI an ihre Grenzen. Da übernehmen dann wieder wir und bauen um, lassen weg, arbeiten aus und fügen zu. Unsere Storys folgen der Berkeley-Formel, die auf Emotion, Relevanz und Transformation beruht. Die darin enthaltene Tiefe entsteht nicht durch Automatisierung, sondern durch echtes Zuhören, emotionale Erfahrung und menschliche Empathie. Und das ist – noch – ein menschliches Talent.
Wo siehst du das Storytelling in fünf Jahren: Noch menschlicher? Noch datengetriebener? Oder ganz anders?
Noch kollaborativer. Mensch und Maschine wachsen zusammen – der eine bringt Herz und Haltung, die andere Geschwindigkeit und Systematik. Die spannendsten Storys der Zukunft entstehen in Teams, in denen beides zusammenspielt. Aber der dramaturgische Takt, der Puls einer guten Geschichte – der bleibt menschlich. Storytelling wird zum Kuratieren, nicht zum Ersetzen.
Aber ehrlich gesagt, kann (und will) ich hier gar keine Prognose liefern. Das ganze Thema KI entwickelt sich so rasant und was heute noch aktuell ist, kann morgen schon obsolet sein. Dazu kommt, dass aus den ersten ChatGPT-generierten Posts auf LinkedIn und Co. eine wahre Flut geworden ist, sodass es mich persönlich eher nervt, als dass es mich positiv stimmt. Denn auch das ist ja Storytelling. LinkedIn und Co. zeigt im Kleinen auf, wie sich das Große entwickeln kann – also wie generisch gleichförmig und nichtssagend das Messaging auf Webseiten, Newslettern und Unternehmensinformationen werden kann. Da fühle ich mich mehr und mehr nicht respektiert von meinem Gegenüber und ich verlange ein Mindestmaß an Engagement in der Ansprache. Und das kann ja nicht nur mir so gehen. 😉
Deshalb denke ich, dass wir bald an einem Scheidepunkt stehen werden: entweder wird der technikgetriebene Output deutlich besser, dann fällt es auch nicht mehr auf und nervt nicht mehr so sehr. ODER durch die ganze Selbstbeweihräucherung und kritikloses Schmeicheln in Tools wie ChatGPT werden wir alle irgendwann von jedem Text, der einem direkt als künstlich ins Auge springt, angewidert sein.
Es bleibt auf jeden Fall spannend.
Wenn du einer KI beibringen könntest, nur eine Story zu erzählen – welche wäre es und warum?
Was für eine schreckliche Vorstellung! Genau das ist ja, was das Ganze so langweilig macht, diese Ähnlichkeit. Nein, ich setze auf Vielfalt, denn das macht uns Menschen aus und das differenziert uns von der Maschine. Immer nur eine Geschichte, das klingt für mich dystopisch und absolut nicht erstrebenswert. Hättest DU nur eine Geschichte, die Du immer wieder hören wollen würdest???
Über Isabella
Isabella ist Geschichtenerzählerin, Geschichtenfinderin und Kommunikationswissenschaftlerin mit knapp 20 Jahren Berufserfahrung in PR & Kommunikation. Bei Berkeley Kommunikation war sie an einigen preisgekrönten bzw. für Awards nominierten Kampagnen beteiligt. Als Chief Storyteller Germany hält sie für die Berkeley Storytelling Academy unterschiedliche Storytelling Workshops und hilft Unternehmen, ihre Markenbotschaft überzeugender und einprägsamer zu erzählen.
Ihre Spezialgebiete sind Brand Storytelling und Content Creation.