Studien & Research

Corona verändert unsere Sprache

Written by Sarah Schönhöffer

27 Juli 2020

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Die Sprache verändert sich – nicht von heute auf morgen, aber langsam und stetig. Sei es durch zunächst fehlerhaft verwendete Grammatik, die nach und nach vermehrt Einzug in unseren Alltag findet – man denke hier an „Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod“ – oder an neue Wörter, die immer mehr und mehr verwendet werden, beispielsweise durch Entlehnung aus einer Fremdsprache oder gar Wortneuschöpfungen. Das geschieht auch zur Zeit: Corona verändert unsere Sprache.

Kritiker sind besorgt über den Sprachverfall, aber Veränderung der Sprache ist natürlich. Die deutsche Sprache, wie sie heute existiert, existierte vor ein paar Hundert Jahren noch nicht. Im Mittelalter gab es beispielsweise das Mittelhochdeutsche (mhd) – und davor das Althochdeutsche (ahd), das aus dem Germanischen (germ) entstanden ist. Ein kleines Beispiel zur Wortentwicklung vom Althochdeutschen bis heute:

germ: *slǣp-a- >>> ahd: slāfan >>> mhd: slāfen >>> nhd: schlafen

😉 #nerdalert

Sprache im Wandel

Wie sehr aktuelle Themen und Ereignisse der Sprache einen Schub verpassen, sieht man an Corona. Denn die Pandemie verändert nicht nur unser gesellschaftliches Leben, sondern auch unsere Sprache und vor allem unseren Wortschatz. Die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung hat in Zusammenarbeit mit dem Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache (kurz: DWDS) ein Corona-Glossar erstellt, das Änderungen der deutschen Sprache aufzeigen soll. Das gilt sowohl für den vermehrten Gebrauch von Wörtern, die zuvor nur Anwendung in der Fachsprache fanden (Triage oder Herdenimmunität), als auch Wörter, die einen Bedeutungswandel erfahren haben oder vermehrt genutzt werden (Mundschutz oder Kontaktsperre) sowie neue Wörter (Coronaparty oder Lockdown). Derzeit enthält das Glossar rund 230 Wörter.

Und der Duden?

Auch die Redaktion des Duden, der in der aktuellen Ausgabe derzeit rund 145.000 Stichwörter umfasst, hat die Entwicklung von Wörtern im Auge. Die Chefredakteurin Kathrin Kunkel-Razum bestätigte in einem Interview mit dem SRF Ende Mai die Entwicklungen, die sich aus dem Corona-Glossar ableiten lassen:

„Wir haben feststellen können, dass eine ganze Reihe von Wörtern, die inzwischen sehr stark verwendet werden, längst im Duden verzeichnet sind. Es sind keine neuen Wörter, aber sie sind vorher nicht in dieser Frequenz benutzt worden. […] Auch der Begriff Coronavirus steht schon seit einigen Jahren im Duden, er ist durch die Sars-Epidemie aufgenommen worden. Und dann gibt es neu entstandene Wörter. Man sieht sehr schön, wie produktiv das deutsche Wortbildungssystem ist. Komposita – zusammengesetzte Substantive, die mit Corona beginnen – gibt es in großer Fülle. […] Und dann kommen die Anglizismen Lockdown, Shutdown, Social Distancing dazu.“

Corona beeinflusst unseren aktuellen Sprachgebrauch – ohne Zweifel. Inwiefern diese Veränderungen von Dauer sind, bleibt jedoch abzuwarten.

Titelbild: Evgeni Tcherkasski on Unsplash

 

 

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