Studien & Research

New Work: zwischen Bügelbrett und E-Mail-Flut

Written by Karl Mayer

2 März 2021

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Seit der ersten Welle der COVID19-Pandemie im März des vergangenen Jahres sind viele Mitarbeiter ins Homeoffice gewechselt. Nach Angaben des Bitkom  arbeitet etwa ein Viertel oder 10,5 Millionen Berufstätige dauerhaft im Homeoffice und der Bitkom behauptet, dass gut ein Drittel aller Arbeitenden in Zukunft ihren Arbeitsplatz zwischen Büro und Homeoffice frei wählen kann. Und immerhin 43 Prozent geben an, dass die Arbeit im Homeoffice sie zufriedener macht – bei gleichzeitig höherer Produktivität und einer längeren Arbeitszeit. Atlassian, ein australischer Spezialist für Collaboration-Tools hat die Arbeitszeiten auf seiner Confluence-Plattform vor und zu Zeiten der Pandemie verglichen.

Corona-bedingter Anstieg der Arbeitszeit
Die aggregierten Analysedaten aus den Collaboration-Werkzeugen belegen einen deutlichen Anstieg der Arbeitszeit seit der Corona-bedingten Zunahme der Telearbeit.

Für Deutschland ergab sich da ein eher stabiles Bild von einer um 30 Minuten verlängerten Zeit auf Confluence, wobei das Plus schön konstant auf einen 15 Minuten früheren Beginn und einem um 15 Minuten nach hinten geschobenen Arbeitsende aufgeteilt war. Im Vergleich dazu sind Israelis mit 47 Überminuten wahre Arbeitstiere.

Homeoffice belastet Frauen stärker

Eine schnelle Untersuchung des ifo Instituts enthüllt das, was ohnehin viele vermuten: für Frauen bringt das Homeoffice mitunter eine höhere Belastung mit sich, als vorher schon durch Haushalt und Berufstätigkeit gegeben war. Frauen hatten vor der Pandemie bereits einen höheren Anteil an Homeoffice, doch 54 Prozent der weiblichen Teilnehmer sagen, dass Frauen mit der Pandemie stärker beeinträchtigt sind (gleichzeitig glauben nur 35 Prozent der Männer, dass die Belastung der Frauen höher ist).

Bringt mehr Homeoffice den Durchbruch von New Work?

Dennoch, Männer wie Frauen beurteilen in Deutschland die Folgen nicht nur laut Bitkom durch den Homeoffice-Zwang dank Corona überwiegend positiv. Ist das der Durchbruch von New Work? Dabei umfasst und meint dieser Begriff so viel Anderes. Ibrahim Evsan, beschreibt in seinem Blog New Work als „Die neue Art, Leben und Arbeiten zu verbinden.“ Und natürlich als „die Zukunft der Arbeit und die neue Kultur der Menschen.“ Vertrauen in die Arbeitsleistung, auch wenn der Mitarbeiter quasi unkontrolliert zuhause arbeitet, ist einer der Schlüsselfaktoren von New Work. Die Idee des Sozialphilosophen Frithjof Bergmann ist die Abschaffung des klassischen Angestellten und Nine-to-Five-Jobs und die kommende „Neue Arbeit“ die einen Mix aus Erwerbstätigkeit, smartem Konsum (was immer das ist) und einem Job, den man wirklich will. Das klingt nach zwei Jobs, wie man es jetzt schon bei der „Sharing Society“ und der Plattformwirtschaft ganz praktisch an einem Uber-Fahrer beobachten kann.

Verzetteln geht auch digital

Wie sehr dann noch die Künstliche Intelligenz dem White-Collar-Worker den Rest geben wird, steht noch aus. Einstweilen wären wir vielleicht schon froh, wenn wir zwischen Bügelbrett und E-Mail-Fluten eine vernünftige Form der Zusammenarbeit im Homeoffice finden könnten. Da liegt noch ungemein viel im Argen, was auch eine Studie unseres Kunden Workfront aus dem Jahr 2019 zeigt: Die Deutschen verwenden lediglich 45 Prozent ihrer Arbeitszeit für ihre Kernaufgaben. Den Rest verbringen sie mit übermäßiger E-Mail-Korrespondenz und unproduktiven Besprechungen, hinzukommen fehlende Standardprozesse und mangelnde Zusammenarbeit.

Workfront kommt eher aus der Projektmanagementecke. Daneben ist der Markt für Collaboration Tools oder Social Software sehr zersplittert. Die Idee einer guten Collaboration Software ist die effektive Zusammenarbeit von Abteilungen oder Projektgruppen, ja der ganzen Firma. Wissens- und Projektmanagement, Kommunikation via Messaging und Video, Abspeichern und Finden von Dokumenten und Dateien unter derselben Benutzeroberfläche in ganz verschiedenen Formaten sollte damit reibungslos funktionieren.

Im Grunde bräuchten wir eine Art Facebook oder Instagram für die Firma. Viele denken dabei an Microsoft Teams, das auch wir in der Agentur einsetzen. Tatsächlich leistet Teams für uns auf der kommunikativen Seite gute Dienste. Doch ansonsten ist die Benutzeroberfläche eher ein wenig widerspenstig, die Integration mit Office 365 nicht wirklich vorhanden und selbst das Teilen von Kalendern stellt sich als komplizierter heraus, als wir zuvor glaubten.  Teams ist nicht Insta – einstweilen kämpfe ich weiter meinen einsamen Kampf mit genauen E-Mail-Betreffs und zuhause ziehe ich meine ungebügelten Hemden über den stummen Diener straff und bin meiner Frau wirklich sehr dankbar, dass sie uns das Essen kocht.

Titelbild: BRUNO EMMANUELLE on Unsplash

Beitragsbild: Atlassian

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