Agenturleben

(Ver)Brennen für die PR?

Written by Heike Hering-Haas

29 April 2020

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Burnout, so lautete die Diagnose, die meine Freundin Anja letzten Monat von ihrer Ärztin attestiert bekommen hat. Erstmal ein Schock. Anja, die erfolgreiche Business Woman, Partnerin in einer renommierten Unternehmensberatung. Beim weiteren nachdenken passt die Diagnose jedoch ins Bild ihrer letzten Monate. Wenn sich Montag Morgen schon wie Freitag Abend anfühlt, jeglicher Antrieb fehlt, sich die Gedanken im Kreis drehen, das Gefühl dominiert, nichts und niemandem mehr zu genügen, der Kopf keine Ruhe findet, das Herz rast, die Nächte um 5 zu Ende sind…

Sensibilisiert für das Thema, stolperte ich vor einiger Zeit über den Newsletter des PR-Report in meinem Posteingangsfach: Die 5 größten Stressfaktoren für PR-Profis. „Macht PR krank?“ wollte PR-Report in einer Online-Umfrage zu Arbeitsbelastung, Stress und psychischen Problemen unter Kommunikatoren herausfinden.

Vorweg genommen: Kein Beruf macht per se krank, doch einige Ergebnisse der Umfrage sind erschreckend: So glaubt mehr als die Hälfte der Befragten, dass PR-Profis im Vergleich mit anderen Berufsgruppen besonders anfällig für arbeitsbedingte psychische Probleme sind. Jeweils rund drei Viertel der Befragten gaben an, dass sie PR-Kollegen kennen, die Schwierigkeiten hatten oder haben und krankgeschrieben waren. Knapp die Hälfte war selbst schon dienstunfähig.

Burnout-Ursachen sind so unterschiedlich wie die Menschen selbst. Grundsätzlich gibt es jedoch innere und äußere Faktoren, die das Burnout-Risiko erhöhen. Wie sieht es mit den äußeren Belastungen im Arbeitsalltag in der PR-Branche aus?

Werfen wir einen Blick auf die Studie der Versicherung pronova BKK, wird schnell offensichtlich, dass viele der hier aufgeführten starken Belastungen im Arbeitsalltag auf den Alltag von PR-Schaffenden zutreffen: Ständiger Termindruck, Überstunden, ständige Erreichbarkeit, hoher Erfolgsdruck, hinzu kommen hohe Verantwortung, auch für Prozesse, die nicht persönlich zu kontrollieren sind, wenig Anerkennung und wenig explizite Erfolgserlebnisse.

Statistik Belastungen im Arbeitsalltag
Viele der hier aufgeführten starken Belastungen im Arbeitsalltag treffen auf den Alltag von PR-Schaffenden zu.

Die in der Umfrage des PR-Report befragten PR-Schaffenden sehen in der Tatsache, dass zu viele Aufgaben quasi parallel erledigt werden müssen (68,8 %), den hohen Erwartungen an die eigene Arbeit (55,2 %) sowie das Arbeitspensum mit knappen Ressourcen (52,5 %) die größten Stressmacher.

Die Stellschrauben nutzen

Allein die hohe Arbeitslast und schwierige Rahmenbedingungen machen nicht krank. Auch das Leben außerhalb des Jobs und die Persönlichkeitsmerkmale spielen eine Rolle. Zur Gesunderhaltung müssen Mitarbeiter und Agentur an einem Strang ziehen. So muss der Einzelne für sich sorgen und geeignete Strategien entwickeln, um das Arbeitspensum nicht in Stress ausarten zu lassen. Hierbei hilft gezieltes Prioritäten-Setzen und auch mal Mut zur Lücke – manche Aufgaben trägt die Zeit von dannen. Und wichtig: Wem es an Methoden oder Konzept mangelt, darf immer auf ein offenes Ohr der Chefs vertrauen und sich Unterstützung holen.

Nicht zu unterschätzen ist auf der anderen Seite die Tatsache, dass die Agentur dafür Sorge tragen muss, dass die Mitarbeiter auf geeignete technische und organisatorische Infrastruktur zurückgreifen können. Defekte Drucker, schlecht gepflegte Datenbanken, abgelaufene Software-Lizenzen, ungenügende-Backup-Strukturen sind nur einige Beispiele dafür, wo bestes Stress-Futter zu finden ist, wo kostbare Zeit zwischen den Fingern zerrinnt und wo Qualität Federn lässt – für die in der Regel perfektionistisch veranlagte Zunft der Kommunikatoren ein Alptraum!

Gleiches gilt für die Bestückung der Personaldecke – wer personell zu knapp kalkuliert, setzt  am Ende wertvolles Humankapital aufs Spiel – und zwar in Form der Gesundheit der Mitarbeiter als auch in Euro. Unzufriedene Kunden, die mangels Personal nicht zufriedenstellend betreut werden können, ziehen schnell weiter.

Tischkicker, lecker Cappuccino und schickes Büro alleine schaffen kein Wohlfühl-Klima. Es bedarf immer achtsamer Vorgesetzte, die ihren Mitarbeitern den Rücken stärken, eine gewisse Fehlerkultur leben, geeignete organisatorische Maßnahmen ergreifen und kommunikative Strukturen schaffen. Bei Berkeley sind das Paul, Flo und Karl-Heinz, die immer wieder aufgreifen, was an sie herangetragen wird und kontinuierlich an der Verbesserung der Prozesse arbeiten. Die Tatsache, dass die Berkeley-Mitarbeiter treue Seelen sind – ich gehöre mittlerweile seit 17 Jahren zum Team! – ist sicher nicht zuletzt diesem Umstand geschuldet.

Photo by Verne Ho on Unsplash