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Tag des Übersetzens – schon mal eine Pressemitteilung übersetzt?

Written by Heike Hering-Haas

30 September 2018

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Wie oft haben wir als deutsche PR-Fachleute diesen Satz von englischsprachigen Kunden schon gehört: „Heike, could you please translate this press release?“ Das kommt mir angesichts des Tags des Übersetzens in den Sinn. Dieser Tag fällt nicht unabsichtlich mit dem Todestag von Hieronymus im Jahr 420 zusammen, einem der begabtesten Sprachgelehrten der alten Kirche. Hieronymus übertrug das Alte Testament aus dem Hebräischen ins gesprochene Latein. Die „Vulgata“ prägte für Jahrhunderte die Wissenschaftssprache an den Universitäten. Ausgerechnet ein Todestag, und nicht der Geburtstag von Hieronymus steht Pate für den Tag des Übersetzens. Das ist vielleicht so, weil das Geburtsdatum historisch nicht verbürgt ist – aber ich gebe zu: ich hatte düstere Gedanken. Kein Wunder, dass der Tag mit dem Ableben von Hieronymus zusammenfällt.

Eine Pressemitteilung übersetzen! Da haben wir sie wieder, die mit engelsgleicher Zunge und ständig geführte Diskussion mit einem US-amerikanischen Auftraggeber aus der Marketing-Abteilung. Wir sagen, dass wir keine Pressemitteilung übersetzen, wir adaptieren sie. Sie wird umgestellt, zum Beispiel das Zitat nach oben gezogen, und von allen blumigen Übertreibungen und Marketing-Jargon befreit – mindestens. Manchmal, wenn der Kunde es einsieht und uns es erlaubt, schreiben wir die englische Pressemitteilung komplett um.

Doch ich will nicht päpstlicher sein als der Papst, um einen weiteren Religionsfachmann zu gebrauchen. Als PR-Agentur – noch dazu mit britischer Mutter – gehören Übersetzungen von Pressetexten aus dem Englischen trotz allem zu unserem täglichen Handwerk. Unsere „Übersetzungen“ sind deshalb oft ein Balanceakt, abgesehen davon, dass auch ein Umberto Eco seine grundsätzlichen Probleme mit dem Übersetzen hat.  Hier zusammengefasst meine drei Tipps für den Erfolg:

Die Qualität der Sprache

Kauderwelsch will keiner lesen – sprich: Mit Copy and Paste in Google Translate oder Bing kommt man nicht weit. Komplexere Texte und Inhalte bedürfen immer noch menschlicher Intelligenz. Auch muss immer wieder entschieden werden, welche Begriffe als Fachbegriffe auch im Deutschen auf Englisch gehalten werden und wo es zum Verständnis deutscher Worte bedarf. Hinzu kommt, dass jede Sprache ihre Idiome hat, die nicht einfach Wort für Wort übersetzt werden können. Amüsante Beispiele für 1:1-Übersetzungen kennen wir von Heinrich Lübke, Helmut Kohl oder Günther Oettinger.

Deutsche Journalisten ticken anders

Doch selbst wenn der Text in einwandfreiem Deutsch vorliegt, bedeutet dies nicht automatisch, dass wir damit die Zielgruppe erreichen. Denn jedes Land hat seine eigene „Pressekultur“. Aus jahrelanger Erfahrung wissen wir, dass amerikanische, englische, französische oder spanische Medien (um nur einige Beispiele zu nennen) anders“ ticken“ als die deutschen. Auf den Punkt gebracht: Deutsche Journalisten – vor allem in der IT-Branche – sind News- und Fakten-getrieben. Oft sind mehr Details gewünscht, als das Original enthält. Zudem ist Marketing Speak hier fehl am Platz. Für Übersetzungen von Pressetexten heißt das: blumige, anpreisende Worte streichen, stattdessen mit mehr Informationen und Nachrichtenwert punkten.

Die richtigen Themen

Last but not least funktionieren Pressetexte in Deutschland nur dann, wenn sie auf fruchtbaren Boden fallen – also nur dann, wenn sie für unsere Medien relevant sind. Themen lassen sich nicht immer einfach von einem Land ins andere transferieren. Beispielsweise werden statistische Zahlen zur Nutzung von E-Bikes in den USA bei der deutschen Presse in der Regel auf kein Interesse stoßen. Kurz gesagt: Der zu übersetzende Text muss gegebenenfalls soweit adaptiert und redigiert werden, dass er eine relevante Nachricht für unsere Presselandschaft liefert. Oder anders ausgedrückt: Um die Zielgruppe – und zunächst die Journalisten – zu erreichen, muss das Thema, noch besser die Story stimmen. Mehr zum Thema erfolgreiches Storytelling in der PR lesen Sie hier.

Titelbild:  Steve Harvey on Unsplash

Foto der Bibel von  Aaron Burden on Unsplash