Agenturleben

Thank You For Smoking – Moral und Ethik in der PR

Written by Sarah Schönhöffer

9 März 2020

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Marketing und PR sind in jeder Branche zu finden – und damit auch in „negativen“ Wirtschaftszweigen, wie der Alkohol- und Tabakindustrie. Aber wie steht’s um Ehrlichkeit, Moral und Ethik bei der Kommunikationsarbeit in solchen Branchen? Ein Negativ-Beispiel zeigt der Film Thank You For Smoking – aber auch die Realität der vergangenen Jahre.

Der Film

Thank You For Smoking zeigt das Berufsleben von Nick Naylor, einem charismatischen Sprecher der Academy of Tobacco Studies. Als Lobbyist für das Rauchen will er die Öffentlichkeit zwar nicht davon überzeugen, dass Zigaretten gut für sie sind, aber davon, dass sie nicht schädlicher sind als jedes andere Verbraucherprodukt, das jährlich Tausende Todesfälle verursacht wie Autos, Nikotinpflaster oder auch Käse. Als Nicks Firma eine Initiative braucht, um das Rauchen als „cool“ zu fördern, wendet sich Nick an Hollywood. Er plant in einem kommenden Film zu platzieren: die Hauptfigur soll rauchen und damit das Image von Zigaretten aufwerten (Stichwort: Produktplatzierung).

Während er immer mehr Maßnahmen ergreift, um das Rauchen in einer günstigen Weise zu fördern, einschließlich Bestechungsgelder und verdrehter Interviews, beginnt er zu erkennen, dass die Ethik seiner Arbeit seine eigene Würde beeinträchtigt. Als der Film endet und Nick sich entscheidet, von seiner Position zurückzutreten, reflektieren wir den ethischen Kampf, den viele PR- und Kommunikationsfachleute auf sich nehmen: Ehrlichkeit in ihrer Arbeit.

Die Realität: Traue keiner Studie, die du nicht selbst gefälscht hast

Bei Thank You For Smoking handelt es sich um einen Film – eigentlich. Dass die Tabakindustrie nicht immer gänzlich offen kommuniziert, ist dagegen Fakt.

In den 70er Jahren wurde eine Datenerhebung zu Lebensgewohnheiten – unter anderem Zigarettenkonsum – vorgenommen. 20 Jahre später wurde ermittelt, wer noch am Leben war. Das erstaunliche Ergebnis: die rauchenden Frauen lebten länger. Die Wahrheit: die vermeintliche Erkenntnis ist eine nach statistischen Regeln unzulässige Verkürzung. Eine Analyse nach Altersklassen ergibt sehr wohl, dass die Nichtraucherinnen im Schnitt älter wurden. Die Nichtraucherinnern waren nämlich zur Zeit der ersten Befragung im Schnitt älter – und waren deshalb bei der zweiten Datenerhebung oft nicht mehr am Leben. Solche entgegensetzten Aussagen in zusammengefassten Daten heißen in der Statistik Simpson-Paradoxon (nach dem britischen Statistiker Edward Simpson). Aber auch heute noch sieht sich die Tabakindustrie mit Manipulations- und Fälschungsvorwürfen konfrontiert. So hat Philip Morris vor knapp zehn Jahren gezielt negative Forschungsergebnisse heruntergespielt. (Übrigens: in Sachen empirische Forschung, Fragebogendesign und korrektes Reporting, können die Kollegen unserer Schwesterfirma Arlington Research viel mehr erzählen.)

Nachdem man Thank You For Smoking gesehen hat, ist es offensichtlich, warum ein Teil der Öffentlichkeit (immer noch) eine negative Einstellung gegenüber PR-Leuten hat. Es scheint, dass viele Menschen der Ansicht sind, dass PR-Schaffende lediglich die Aufgabe haben, der Wahrheit einen Dreh zu geben, Negatives zu verbergen – und zwar unabhängig davon, ob es sich um ein Produkt, eine Überzeugung, das Image eines Unternehmens oder eine Person handelt. Mancher mag das auch als Alternative Fakten kennen.

Es ist zwar nicht richtig zu sagen, dass keine manipulative Propaganda stattfindet, aber es ist unfair, alle PR-Profis als Neuerfinder der Wahrheit (siehe hierzu auch den Lobbyisten-Film Die Erfindung der Wahrheit) oder dergleichen zu bezichtigen.

Werte in der PR hochhalten

Der Tabak-PR-Mann Nick Naylor fehlinformiert die Öffentlichkeit durch Orwell’sche Doppelsprache und schmutzige Taktiken, um seinen Standpunkt zu belegen. Jemand wie Nick ist kein Grund, die PR-Welt völlig neu zu definieren, denn auf ein paar fiktive (oder echte) PR-Leute wie ihn kommen viele PR-Spezialisten, die ihre Arbeit auf ethische Weise erledigen, und die Wahrheit vor alles andere stellen.

Werte in der PR
PR-Profis müssen Werte wie Ethik, Moral, Vertrauen und Transparenz hochhalten.

Während meines Volontariates – und darüber hinaus – wurde mir beigebracht, professionell zu sein, die Wahrheit zu kommunizieren. Nick weiß zwar, wie man mit der Öffentlichkeit spricht, was sie hören will und wie man eine gute Kampagne fährt, doch so unterhaltsam der Film auch sein mag, muss man sich fragen, ob Nicks Praktiken im moralischen Sinne richtig und gut sind. Thank You For Smoking sollte als Mahnung dafür dienen, dass wir PR-Profis Werte wie Ethik, Moral, Vertrauen und Transparenz hochhalten müssen. Und dies unabhängig – oder gerade auf Grund – der immer mehr von Fakenews bestimmten Welt. Die Berücksichtigung des Kommunikationskodex des DRPR kann sicher dabei helfen.

Titelbild:  Dimitri Bong on Unsplash Beitragsbild: Taras Chernus on Unsplash